Thrombose und Impfung gegen COVID-19

26.03.2021

Aus gegebenem Anlass erreichen uns derzeit viele Fragen aus der Bevölkerung bezüglich des Zusammenhanges zwischen Thrombose und Impfung gegen COVID 19. Die häufigsten Fragen und Antworten haben wir hier für Sie zusammengestellt.

Wie hoch ist das Thromboserisiko in der Allgemeinbevölkerung?
Das Risiko von Blutgerinnseln ist in der allgemeinen Bevölkerung relativ gering. Jedes Jahr haben etwa 1-2 pro 1000 Menschen ein Blutgerinnsel.

Wie hoch ist das Thromboserisiko bei Menschen, die einen COVID-19-Impfstoff erhalten?
Bei 5 Mio. geimpften Menschen wurden 30 Fälle von Blutgerinnseln gemeldet. Daher ist das Risiko von Blutgerinnseln selten und liegt bei etwa 1-2 pro 250.000 Menschen, die einen COVID-19-Impfstoff erhalten haben.

Wie hoch ist das Thromboserisiko bei Menschen mit COVID-19?
Eine Infektion mit COVID-19 wurde mit einer Thrombose in Venen und Arterien in Verbindung gebracht. Das Risiko für Patienten mit einer COVID-19 Infektion ein Blutgerinnsel zu entwickeln liegt bei 5-10% bei einer stationären Aufnahme auf einer Normalstation und bei bis zu 20% für Patienten mit einer schweren COVID-19 Infektion und Aufnahme auf der Intensivstation. Für Patienten mit leichteren Verläufen der Erkrankung, die nicht stationär aufgenommen werden müssen, ist das Risiko im Zusammenhang mit Ihrer COVID-19 Infektion ein Blutgerinnsel zu entwickeln deutlich niedriger und liegt bei etwa 1%.

Was ist eine zerebrale Sinusvenenthrombose?
Die zerebrale Sinusvenenthrombose (SVT) ist eine Thrombose in venösen Blutleitern des Gehirns. Dieses Gerinnsel verhindert, dass das Blut regulär aus dem Gehirn abfließen kann. Eine SVT ist bei Patienten, die Zeichen eines Schlaganfalles haben, in weniger als 1% der Patienten nachweisbar. Die SVT betrifft in der Regel jüngere Menschen, wobei Frauen dreimal häufiger betroffen sind als Männer. Die Symptome einer SVT sind starke Kopfschmerzen - vereinzelt mit Sehstörungen, Krampfanfällen, einem Schlaganfall ähnlichen Symptomen (z.B. Eintrübung des Bewusstseins, Desorientiertheit, Sprachstörungen, Lähmungen etc.), und eine SVT kann bei schweren Verläufen bis zum Koma führen. Weitere Informationen zu SVT finden Sie unter folgendem Link: thrombosiscan.info/CVT-Guide.

Besteht nach Erhalt des COVID-19-Impfstoffs ein Risiko für die Entwicklung eines Blutgerinnsels (Thrombose)?
Nach Impfung mit einem zugelassenen COVID-19-Impfstoff, einschließlich dem von AstraZeneca, besteht kein allgemein erhöhtes Risiko ein Blutgerinnsel zu entwickeln. Die extrem seltene Form des Blutgerinnsels im Gehirn, die oben beschriebene zerebrale Sinusvenenthrombose (SVT), ist bei einer sehr kleinen Anzahl von Menschen nach AstraZeneca Impfung aufgetreten. Es ist noch nicht abschließend geklärt, ob es einen Zusammenhang mit der Verabreichung eines bestimmten Impfstoffes gibt. Das mögliche Risiko an einer SVT nach einer Impfung zu erkranken, liegt im Bereich von 1 geimpfter pro 250.000 – 500.000 Geimpfte. Dies ist vergleichbar mit täglichen Risiken, wie z.B. beim Überqueren einer belebten Straße oder dem Risiko durch einen Blitzeinschlag gesundheitliche Schäden zu erleiden.

Worauf kann ich achten, um festzustellen, ob ich ein Blutgerinnsel habe?
Abgesehen von den oben genannten Symptomen der zerebralen Sinusvenenthrombose (SVT), sind die Hauptsymptome einer Thrombose (Blutgerinnsel) in anderen Körperbereichen (Extremitäten, Lunge): Schwellungen meist im Bereich der Beine, eine schmerzhafte Empfindlichkeit oder Rötung ebenfalls meist im Bereich der Beine, Brustschmerzen mit langsamer flacher Atmung, Kurzatmigkeit und erhöhte Herzfrequenz.

Wann soll ich zum Arzt gehen:
Wer ein bis zwei Tage nach der Impfung grippeähnliche Symptome hat wie Fieber und Kopf-, Muskel oder Gelenkschmerzen, muss sich keine Sorgen machen. Bei Beschwerden, die mehr als drei Tage nach der Impfung anhalten oder wenn die Symptome starke Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Sehstörungen, Desorientiertheit, Sprachstörungen, Lähmungen, Eintrübung des Bewusstseins, Luftnot, oder Schwellung, Schmerzen oder Rötungen in den Beinen oder Armen umfassen, dann sollte man unbedingt den Arzt kontaktieren.

Informationen für Patienten mit Gerinnungsstörung:
Kann ich den Impfstoff erhalten, wenn ich bereits Blutgerinnsel hatte? Ja, da insgesamt kein erhöhtes Risiko nach einer Impfung mit einem zugelassenen COVID-19 Impfstoff oder einem anderen Impfstoff besteht ein Blutgerinnsel zu entwickeln. Generell sind Patienten die bereits ein Blutgerinnsel in den Beinen, den Armen oder der Lunge hatten einem erhöhten Risiko für zukünftige Gerinnsel ausgesetzt. Dieses Risiko wird nach derzeitigem Wissenstand durch den Impfstoff nicht erhöht. Dagegen bietet die Verabreichung des Impfstoffes dem Geimpften einen tatsächlichen Schutz gegen eine Erkrankung mit COVID-19, so dass mit Sicherheit von einem positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis auszugehen ist.

Kann ich den Impfstoff erhalten, wenn ein Familienmitglied ein Blutgerinnsel hatte?
Ja, auch hier gilt, dass nach derzeitigem Wissensstand insgesamt kein erhöhtes Risiko nach einer Impfung mit einem zugelassenen COVID-19 Impfstoff oder einen anderen Impfstoff besteht ein Blutgerinnsel zu entwickeln.

Kann ich den Impfstoff erhalten, wenn ich eine leicht erhöhte Neigung zu Blutgerinnseln wie z.B. den Nachweis eines Faktor V Leiden habe?
Ja, Sie sollten den COVID-19-Impfstoff erhalten. Bei Menschen mit einer leicht erhöhten Neigung zu Blutgerinnseln (wie bei Nachweis des Faktor V Leiden) wird die Neigung durch Applikation des COVID-19 Impfstoffes nicht deutlich erhöht. Menschen mit einer COVID-19 Erkrankung haben ein höheres Risiko Blutgerinnsel zu entwickeln. Das Risiko eines Blutgerinnsels liegt bei 5-10% bei einer stationären Aufnahme auf eine Normalstation und bei bis zu 20% für Patienten mit einer schweren COVID-19 Infektion und Aufnahme auf der Intensivstation. Die Impfung bietet also tatsächlichen Schutz vor der Entwicklung eines Blutgerinnsels.

Kann ich den Impfstoff erhalten, wenn ich Blutverdünner nehme oder an Blutungsneigung z.B. Hämophilie leide?
Ja, Sie können den COVID-19-Impfstoff erhalten. Es besteht ein geringes Risiko von Blutergüssen an der Einstichstelle, aber derzeit sind keine schwerwiegenden Auswirkungen im Zusammenhang mit der Einnahme von Blutverdünnern nach Impfung bekannt. Nach der Impfung wird die Injektionsstelle 3 bis 5 Minuten lang fest komprimiert, um Blutergüsse in diesem Bereich zu reduzieren.

Hier die Informationen als PDF zum Download

Info für die behandelnden Ärzte:

- Bei Patienten nach COVID-19 Impfung innerhalb der letzten 21 Tage und einem Verdacht auf thromboembolische Komplikationen sollte eine Blutentnahme mit Bestimmung von Differential-Blutbild und einer Globalgerinnung mit D-Dimeren erfolgen.

- Bei Thrombozytopenie bzw. erhöhten D-Dimeren sollte ein Schnelltest zum Ausschluss einer autoimmunen HIT durchgeführt werden. Dieser kann z.B. in der Blutbank in Tübingen 7/24 durchgeführt werden.

- Die Tübinger Daten zeigen, dass eine fehlgeleitete Immunantwort für thromboembolische Komplikationen verantwortlich sein könnte. Der Auslöser ist noch nicht mit letzter Sicherheit identifiziert, es existieren jedoch Hinweise, dass es sich um eine Reaktion gegen ladungsabhängige Komplexe handeln könnte. Heparin sollte vor allem bei Vorliegen eines positivem Schnelltest auf HIT bis auf weiteres vermieden werden. Zur Beratung bezüglich der Antikoagulation stehen Ihnen unsere Ärzte gerne zur Verfügung.

- Bei einem Vorliegen eines positiven HIT Schnelltestes sollte eine Bestätigung mittels einer funktionellen HIPA-Testung erfolgen. Diese ist in Tübingen verfügbar.

- Patienten mit erniedrigten Thrombozyten, erhöhten D-Dimeren oder therapierefraktärem (kein Ansprechen auf Ibuprofen, Paracetamol oder Metamizol) Kopfschmerz > 1 Woche sollten eine Phlebographie (cCT oder im Einzelfall cMRT je nach Symptomatik) erhalten.

Prof. Dr. med. Tamam Bakchoul Ärztlicher Direktor am Institut für Klinische und Experimentelle Transfusionsmedizin
Prof. Dr. med. Meinrad Gawaz Ärztlicher Direktor für Innere Medizin und Kardiologie
Prof. Dr. Ulf Ziemann Ärztlicher Direktor der Abteilung Neurologie

Für Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Bitte richten Sie Ihre Anfrage per Email an impfung.gerinnung@med.uni-tuebingen.de

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